Die biologische Zahnmedizin erkennt den engen Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und allgemeinem Wohlbefinden. Chronische Krankheiten stehen oft entweder direkt oder teilweise mit oralen Problemen in Verbindung. Viele wichtige zahnmedizinische Themen, die meist übersehen werden, haben einen Einfluss auf die allgemeine Gesundheit, wie z. B. Toxizität, Entzündungen, ein Ungleichgewicht des Mikrobioms, Meridiane und – besonders wichtig – die Verbindung zwischen Kiefer, Schädel und Biss.
Ein menschliches Neugeborenes kommt ohne Zähne auf die Welt. Nach und nach entwickeln sich die Zähne und begleiten das Individuum durch verschiedene Lebensabschnitte, bis es einen Punkt erreicht, an dem es sich selbst ernähren kann. Abgesehen vom einfachen Kauen der Nahrung erfüllen unsere Zähne einige sehr wichtige Funktionen, die in diesem Newsletter betrachtet werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Zusammenhängen zwischen Kiefer, Biss und Schädel mit Symptomen wie Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Schlafstörungen usw.
Zähne sind stoffwechselaktive Strukturen
Die Zähne sind die härteste Struktur des Körpers und entwickeln sich aus zwei von drei embryologischen Schichten: dem Ektoderm und dem Mesoderm. Daher dienen die Zähne als Bindeglied zwischen diesen beiden Keimschichten und sind im Zusammenhang mit ihnen zu betrachten. Der Zahnschmelz stammt aus dem Ektoderm, der gleichen Schicht, aus der sich Haut, Haare und Nägel entwickeln. Dentin, Zahnnerv, Zahnzement und Alveolarknochen stammen aus dem ektodermalen Mesenchym, das aus dem Mesoderm hervorgeht. Das Mesoderm bildet Bindegewebe, Muskeln, Blutgefässe und andere Strukturen.
Und es gibt noch eine weitere Besonderheit: Der Körper hat keine Kosten und Mühen gescheut, um eine zusätzliche Keimschicht, eine Art „vierte Keimschicht“ speziell für die Mundhöhle zu schaffen. Dabei handelt es sich um Zellen ektomesodermalen Ursprungs, die direkt aus der Neuralleiste stammen und als Neuralleistenabkömmlinge Stammzellen oder in Englisch ‘neural crest-derived stem cells’ (NCSC) bezeichnet werden.
Von der Entwicklung des ersten Zahns bis zum Alter von 3 Jahren hat das Kind 20 voll entwickelte Milchzähne. Zwischen dem 6. und 7. Lebensjahr beginnen die Zähne langsam durch bleibende Zähne ersetzt zu werden; ein Prozess, der bis zum Alter von 21 Jahren andauern wird, um Backenzähne und einen vollständigen Satz von 32 Zähnen zu bilden. Die Zungen- und Kaumuskeln sind daran beteiligt, dass das Wachstum des Kiefers in angemessener Weise mit dem Durchbruch der Zähne einhergeht.
Betrachtet man diesen angeborenen Prozess, so hat unser Körper mehr als 20 Jahre gebraucht, um letztlich 32 stoffwechselaktive Strukturen zu schaffen.
Kiefermuskeln, Sehnen und Hirnnerven
Ungleichgewichte oder Verspannungen im Kiefer können weitreichende Auswirkungen haben und Muskeln, Nerven und den Energiefluss in Kopf und Nacken beeinflussen, was in Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Schlafstörungen, Schwindel, Muskelverspannungen, Ohrenschmerzen (Tinnitus) usw. resultiert. Dies macht Sinn, wenn man bedenkt, dass die Kraft, die beim Kauen auftritt, ein kompensatorisches Skelett-Nerven-Muskel-Gleichgewicht erfordert, damit die anschliessende Koordination erfolgreich ist.
Die Anatomie der Kieferbewegung, d. h. die Bewegung des Unterkiefers (Mandibula) in Richtung Oberkiefer (Maxilla), erfordert viele Muskeln, viele Sehnen und mehrere verschiedene Nerven. Diese Muskeln helfen dabei, den Kiefer zu heben, zu senken, vorzustrecken, zurückzuziehen und die Seitwärtsbewegung zu ermöglichen. Es ist ein ganz besonderes Gelenk beteiligt, das Temporomandibulargelenk (Kiefergelenk). Dieses Gelenk verbindet den Kiefer mit dem Schädel, und Probleme mit der Verbindung zum Hals können sich auf die Hirnnerven, die Gesichtsstrukturen und die Haltung des gesamten Körpers auswirken. Die harmonische Bewegung zwischen den Zähnen und den Knochen der Halswirbelsäule wird durch die Okklusion, die Funktion des Bisses, gesteuert. Es liegt auf der Hand, dass die Leichtigkeit der Kieferbewegung und die Symmetrie der Zahn-auf-Zahn-Stellung durch viele Faktoren beeinflusst werden können, z. B. durch Traumata (Sport, Schleudertrauma, andere), Krankheiten wie Karies und Parodontitis (viral oder bakteriell), Zahnverlust, frühere zahnärztliche Behandlungen oder eine falsche Körperhaltung. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass Zahnärzte und Ärzte zusammenarbeiten, um die Ursachen vieler Gesundheitsprobleme herauszufinden, von denen wir nie vermuten würden, dass sie mit der Mundgesundheit zusammenhängen.
Neuro-muskuläre Verbindung
Vielleicht ist Ihnen schon einmal, während Sie einem Gesprächspartner gegenüberstanden, aufgefallen, dass der Unterkiefer des Gesprächspartners von der Mitte nach rechts oder links abweicht, während er spricht. Dies kann noch verstärkt werden, wenn Sie jemanden höflich bitten, den Mund zu öffnen und zu schliessen, um die Kinnabweichung zu beurteilen. Oder Sie stellen fest, dass eine Person ihren Mund vor allem während eines Gesprächs nicht sehr gut öffnen kann, weil sie Spannungen im Gelenk oder eine Art von Einschränkung verspürt. Angesichts dieser Herausforderungen und vor allem, wenn sie Beschwerden haben, können sie viele verschiedene Therapien ausprobieren, wie chiropraktische oder osteopathische Manipulation, Cranio-Sacral-Therapie, vielleicht Rolfing, Akupunktur oder Neuraltherapie, um Linderung zu finden. Diese Therapien bieten eine gute Unterstützung, aber sie gehen selten auf die eigentliche Ursache ein, nämlich den falschen Biss, der nur von einem Zahnarzt behandelt werden kann.
Mein Kollege Prof. Dr. Tilman Fritsch nennt zwei Gründe für die Verwendung einer Zahnschiene und ihren Einfluss auf die neuro-muskuläre Verbindung, die die Zähne bei jedem Kauvorgang auslösen.
Prof. Dr. Tilman Fritsch über die neuro-muskuläre Verbindung der Zähne:
Kauen und Schlucken sind hochkomplexe Prozesse, die von Reflexen gesteuert werden, aber bestimmten Mustern folgen. Diese Muster werden von den Zähnen und ihrem Biss gesteuert, insbesondere wie sie miteinander harmonieren. So erfüllen die Zähne eine Vielzahl von Funktionen. Das Zerkleinern von Nahrung gehört zwar zu ihren Aufgaben, ist aber die am wenigsten genutzte Tätigkeit während des Tages. Im Durchschnitt haben die Zähne beim Kauen weniger als 20 Minuten pro Tag Kontakt, während sie die restliche Zeit des Tages und in der Nacht eine Vielzahl anderer Funktionen erfüllen.
Stress oder Fehlstellung des Kiefers
Eine dieser Funktionen ist, dass die Zähne in ihrer Ausrichtung Daten speichern, die sie an das Gehirn weitergeben, wenn sie in Kontakt kommen. Sie spielen eine Rolle bei der Steuerung der Haltung und der Funktion des gesamten Körpers und fungieren als taktile Werkzeuge, die in einem Meer von Rezeptoren innerhalb des Zahnbogens eingebettet sind. So wird verständlich, dass eine Fehlstellung oder Disharmonie des Bisses tiefgreifende Auswirkungen auf die Körperhaltung und -funktion sowie auf den Stoffwechsel hat, was für den gesamten Organismus Stress erzeugt.
Zahnschienen haben im Wesentlichen zwei Aufgaben: Sie gleichen eine Fehlstellung aus und helfen über die Propriozeption, einen optimalen Biss zu finden.
Eine nächtliche Schiene sorgt für einen entspannten Zustand während des Schlafs, indem sie die Muskeln, Sehnen und Stützstrukturen im Kieferbereich entspannt. Auch wenn es einige Zeit dauern kann, bis man seinen Biss optimiert hat, kann ein entspannterer Biss im Wesentlichen dazu beitragen, Zähneknirschen (Bruxismus), Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Schlafstörungen, Schwindel und eine Vielzahl anderer Symptome zu lindern, die durch rezeptfreie Schmerzmittel oft nicht nachhaltig gelindert werden.
Zähneknirschen kann also durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, unter anderem durch Stress, aber auch durch eine Fehlstellung des Kiefers. Die Biologische Zahnmedizin an der Paracelsus Klinik ist darauf spezialisiert, die komplexen Zusammenhänge zwischen Physiologie, Neurobiologie und strukturellen Ungleichgewichten und deren Einfluss auf die Gesamtgesundheit zu erkennen.
Paracelsus Klinik Therapieansatz
Bei Symptomen wie Nackenschmerzen, Kopfschmerzen, Tinnitus, unerklärlichen Beschwerden des Bewegungsapparates etc. kann es hilfreich sein, die Paracelsus Klinik aufzusuchen. Hier kann eine Partnerschaft zwischen Patient, biologischem Zahnarzt und biologischem Arzt koordiniert zur Symptomlinderung beitragen. Unsere Erfahrung zeigt, dass ein umfassender Ansatz unseren Patienten kurz- und langfristig die beste Lösung bietet.
Die folgenden Facetten setzen wir in Kombination mit biologischer Zahnmedizin und Medizin ein:
1. Biologische Medizin und Milieutherapie
Zu Beginn der Biologischen Medizin und Milieutherapie liegt der Schwerpunkt auf der Entgiftung des Körpers, dem Ausgleich des Säuregehalts, der Wiederherstellung der Darmgesundheit und der Unterstützung der Leberentgiftung. Es ist wichtig, dass der Körper seine Selbstregulierung, Regeneration und Heilung wiederherstellen kann. Im Rahmen der Unterstützung von Entgiftung und Selbstheilung ist es jedoch wichtig, die angeborenen Vorteile einer gesunden Mundhöhle einschliesslich der oralen Mikrobiota für eine optimale Gesundheit zu berücksichtigen.
2. Korrektur von muskulären Fehlstellungen und neuronalen Dysregulationen
Gleichzeitig legen unsere Therapien den Schwerpunkt auf die Korrektur von muskulären Fehlstellungen und neuralen Dysregulationen durch Ansätze wie Osteopathie, Myoreflextherapie und Neuraltherapie.
Aufbissschienen und Anpassungstherapien werden wiederholt, bis die Haltung als skelettales Gleichgewicht wiederhergestellt ist.
3. Reduktion und Kontrolle von psychosozialem Stress
Der Abbau und die Kontrolle von psychosozialem Stress spielen eine zentrale Rolle, wobei Praktiken wie autogenes Training, die Wiederherstellung des Gleichgewichts des autonomen Nervensystems mit Therapien der Mind-Body Medicine und der Psychokinesiologie integriert werden. Oft bauen wir Stress im Kiefer ab und Stress im Mund bedeutet Stress für den ganzen Körper.
4. Beseitigung von Herden/Störfeldern
Der wichtigste Schritt wird wieder beim Biologischen Zahnarzt sein. Die sorgfältige Beseitigung von Herden/Störfeldern aus der Mundhöhle umfasst Überlegungen wie die Entfernung von Giftstoffen wie Metallen oder Kunststoffen, die Behandlung abgestorbener oder entzündeter Zähne, die Behandlung chronischer Knochenentzündungen und stille Entzündungen (silent inflammation) im Weich- und Hartgewebe. Von besonderer Bedeutung ist das harmonische und dynamische Zusammenspiel zwischen der aktiven Kaufunktion und der Dynamik des Bewegungsapparates.
Eine definitive Zahnsanierung wird daher erst nach Abschluss aller anderen Massnahmen in Betracht gezogen, wobei myozentrische Kriterien beachtet und metallfreie Lösungen bevorzugt werden. Dieser integrative Ansatz spiegelt die Philosophie von der Paracelsus Klinik wider, indem er nicht nur die Symptome, sondern die Ursachen behandelt und den Patienten dazu anleitet, sich allen möglichen gesundheitlichen Herausforderungen zu stellen.
Daher sieht die biologische Zahnmedizin den Mund nicht nur als mechanisch aktives Instrument, sondern zielt darauf ab, die gesamte Harmonie zwischen Neurologie, Muskulatur und Skelettstruktur zu fördern. Der Kiefer als entscheidender Bestandteil wird nicht nur im Hinblick auf die Kau- und Zahngesundheit untersucht, sondern auch auf seinen Einfluss auf das Gleichgewicht und die Funktion der Nerven, Muskeln und Faszien im gesamten Körper. Das Zusammenspiel von medizinischer und zahnmedizinischer Gesundheit ermöglicht einen umfassenden Diagnose- und Behandlungsansatz, der häufig zum Behandlungserfolg führt.